Lechhausen 2 - Caissa 3

Gegen 18 Uhr versammelten wir uns im Nebenraum der Kirche St. Simpert, der sich zwar durch Größe, aber keineswegs durch Wärme an diesem kalten Samstagabend auszeichnete. Vor dem Haupteingang der Kirche waren wir noch unsicher, ob wir das Gebäude wieder wohlbehalten verlassen werden können, da die oben abgebildete Kombination aus gewaltigen stahlblauen Türen und einer Menge Beton etwas an einen Gefängniseingang erinnerte. Mit Gottes Hilfe gelang uns dies jedoch.

Zum Wettkampf selbst: An Brett 4 muss Eli nach relativ kurzer Spieldauer einen Turm spucken und daraufhin aufgeben. 0:1 aus Caissa Sicht. Der latente Jubel der Lechhauser erhält jedoch wenig später einen Dämpfer. Kseniia an Brett 8 hat ihr Gegenüber in ein Damengambit und ein elegantes Scheinopfer gelockt. Nach lockerer Rückeroberung der Figur, Abtausch der Zentrumsbauern und mehrerer Leichtfiguren ist das Mittelspiel praktisch passé und Ksenia dominiert den Gegner bis zu dessen bitterem Ende. Es steht 1:1. Meine Wenigkeit an Brett 5 lässt den jungen Kontrahenten mit einer homöopathischen Behandlung des Sizilianers in dem Glauben, alles im Griff zu haben. Weiss hat einen Zentralbauern weniger, dafür kann Schwarz nicht mehr rochieren. Nach ein paar Grätschen im Mittelfel, kann der alte weisse Mann sich dem Sudden Death entziehen und im Konter des Gegners Dame auf der e-Linie fesseln und rauben... 2:1 Führung für Caissa. Eddi und Fabi agieren sehr athletisch an ihren Brettern 6 und 7 - Schottisch und London..(Anmerkung Sedel: mir gefiel die sehr systematische Weise, wie Fabi seinen Raum- und Positionsvorteil ausbaute). Bei Werner an 1, Andi an 2 sowie Sven an 3 ist noch nichts konkret zu erkennen. Mit Simon (der auch noch unsere Club-Shirts mitbringt) und Tom ist moralischer Support eingetroffen. Nun kann nichts mehr schief gehen. Plötzlich ist Brett 7 verwaist, die Uhr gestoppt, die Figuren alle wieder in Grundstellung - außer der weissen Dame auf e4 ! Ich treffe Fabi im düsteren, klammen Kirchenvorraum, um ihm zu gratulieren. 3 : 1 für die Mannschaft aus dem Herzen der Altstadt. Eddis Gegner haut inzwischen nach seinen Zügen mit der Faust auf die Glocke, doch unser Nesthäkchen bleibt cool in einem wilden Endspiel (je 3 Peones, Turm, gleichfarbige Läufer), gibt dem weissen König auf f3 Matt. Ja der Lechhauser Mannschaftsführer beginnt unruhig und grimmigen Blickes um die verbliebenen Partien zu streichen. Zwischen ihm und unserem Andi hat sich zu dem Zeitpunkt eine schwerblütige Dynamik ergeben. Andi hat seine Dame für des Gegners Türme getauscht, um seinem erfahrenen Gegner mit dieser Taktik beim Stand von 4 : 1 für Caissa tatsächlich ein Remis aufzuzwingen. Chapeau! 4,5 : 1,5... Battle won... Werners und Svens Partien laufen noch. Svens Partie riecht stark nach Remis, der Mannschaftsführer und sein Kontrahent liefern sich einen verbissenen Kampf, der von der Taktik geprägt wird. In Svens Partie sind noch die meisten Steine auf dem Brett. Schwarze und weisse Figuren haben sich bis zur Unkenntlichkeit ineinander geschoben, und somit kann unser Mann seine 10 Züge vor Zeitkontrolle in seinen verbleibenden 90 Sekunden mit Wiederholungen gestalten. Sein Gegner macht mit. Es wird sich auf Remis geeinigt. Ich atme an Brett 1 erstmal durch, der Wettkampf ist entschieden, wir sind die Letzten. Leider ist meine Stellung inzwischen auch das Letzte, mein vermeintlicher Figurengewinn wird durch einen Zwischenzug meines Gegners zunichte gemacht und das gilt auch für einige meiner Bauern, die dann zwangläufig fallen. Nach der geschafften Zeitkontrolle mache ich dem Wettkampf ein Ende und gebe auf. Aber das kann dem stolzen Teamchef nicht die Feierlaune versalzen, und so macht man sich auf zum Neruda durch den Oktobernieselregen. Immerhin das halbe Team unserer Dritten ließ den erfolgreichen Saisonstart Samstagabend dort ausklingen, wo wir von Caissa-Legende Siggi Zagler umarmt wurden und sich die Fluchtlinien von Koran, Walter Benjamin und Negativer Dialektik nebst schachlicher Analyse in Bier und Ouzo verflüssigen sollten.

Lechhausen 2 - Caissa 3
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