Reisebericht Schachhütte *25

Der Plan

Bereits seit längerem angedacht (wahrscheinlich originär als Geistesblitz zu später Stunde am Vereinsabend) hatte sich unser geschätzter Verein überlegt unsere vortreffliche Gemeinschaft an einem Ausflugswochenende - bestenfalls in abgeschiedener Lage mit viel Schach und den hedonistischen Delikatessen des schönen Lebens - zusammen zu genießen. Uns schwebte vor ganz im Sinne, oder jedenfalls annäherungsweise, in den Fußstapfen großer philosophischer Vordenker einfach das Beste aus unserer Zeit zu machen: sapere aude, memento mori, carpe diem oder zumindest so ähnlich. Am 26. September machten sich also 9 fröhliche Gesellen mit grobem Plan und diffusen Vorstellungen, wie es denn so werden würde, in zwei wohlbestückten PKWs gen Vohburg auf. Den bemitleidenswerten VereinskollegInnen, denen dieses Abenteuer aus diversen Gründen verwehrt geblieben ist und natürlich ebenso den werten Leserinnen und Lesern unseres Blogs, wollen wir natürlich einen literarischen Einblick nicht vorenthalten. Wohlan!

Logbuch des SK Caissa – Tag 1

Die ursprünglich anvisierte Berghütte hat sich, ohnehin nicht zum Unmut unserer Reisegruppe, in eine idyllisch gelegene Stadtvilla in Vohburg gewandelt, die unsere stattlichen Karossen in einer mit üppigem Grün gesäumten Allee begrüßte. Mit Efeu bedeckt erwartete uns ein Häuschen mit Gartenanlage, das mit großzügigem Balkon, ausreichender Anzahl an Bädern, großen Tischen mit Platz für viel Schachmaterial und einem großen Bildschirm für Partieanalysen aufwartete – kurzum, das caissanische Herz war rundum zufriedengestellt und wir fühlten uns so pudelwohl wie ein Hobbit in seiner heimeligen Hobbithöhle.

Da dem gemeinen Schachspieler tendenziell doch ein gewisser Pragmatismus inhärent ist, lief die Zimmereinteilung ganz ohne Zickereien nach rationalen Erwägungen der Nachtruhe ab. Die lautesten nächtlichen Kettensäger wurden zusammengepfercht in die kleineren Zimmer einquarantäniert und durften sich gegenseitig beschallen, während die leiseren Schnaufer zusammen die Mehrbettzimmer befüllten. Alsbald kümmerten sich Robert, Marki und meine Wenigkeit um eine traditionelle, raffinierte Bolognese an Tagliatelle in der Küche (das Geheimnis ist Panchetta und ganz viel Röstaroma), die dann doch leider zu Lasten protestierender Magengeräusche ganz schön lange auf dem Herd vor sich hin köcheln wollte.
Zeitgleich wurden schon die ersten Bretter ausgepackt und losgeblitzt.

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Als Spielformat an selbigem Abend etablierte sich vorrangig Schach im „Hand-and-Brain“ Format, in dem jeweils zwei Spieler als Team gegeneinander antreten. Das Brain hat dabei die Rolle eine Figur zu benennen, die gezogen werden muss, während die Hand aus der sich ergebenden Anzahl potenzieller Züge den vermeintlich besten auswählen und spielen muss. Traditionell caissanisch wurde sich nebenbei auch munter, stellenweise leicht kämpferisch, über die aktuellen tagespolitischen Themen ausgetauscht, Schwänke aus dem Leben erzählt und über Schach philosophiert, während langsam aber sicher auch die ersten Bierkorken ploppten. Nach vorzüglichstem Nachtmahl nutzten wir das leicht verhangene Wetter als willkommene Ausrede mit selbstgemachtem Glühwein und Lebkuchen uns schon einmal in die herbstlicheren Temperaturen einzustimmen.

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Es will auch erwähnt sein, dass ein recht ansehnlicher höherer zweistelliger Betrag an Köstlichkeiten, die der allgemeinen Gesundheit gemeinhin nicht allzu zuträglich sind, fortschreitend in Form von Chips und vergleichbar leichter Kost den Weg in unsere Mägen fand. Das Wochenende will sicherlich durch ein bisschen mehr physischen Sport in den nächsten Wochen ausgeglichen werden.

Logbuch des SK Caissa – Tag 2

Am nächsten Tag küsste uns die Sonne mit vorzüglich wärmstem Herbstwetter. Nach dem Frühstück zog eine Gruppe los, um unsere schwindenden Vorräte wieder aufzustocken, während die übrigen die Beine in die Hand nahmen, um Vohburg zu erkunden. Im Zentrum erwarteten uns Schweinebachsemmeln und ein Eiskaffee mit überraschend exquisitem Angebot – der Autor versenkte sich in eine köstliche Kugel Whisky-Cream-Eis. Nachdem auf dem Rathausplatz ein Autdoorschachbrett ausgespäht wurde, hatten unsere Caissaner direkt das Örtchen gefunden, wo wir hingehörten, um den Zwischensnack zu verdauen.

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Weiter ging es auf die Vohburg, sei es um sich historisch weiterzubilden oder den Ausblick zu genießen. Ganz am Puls der Zeit begaben wir uns an das Donauufer, wo eine Kampfmittelsperrzone errichtet worden war, da dort jüngst eine wohl scharfe Handgranate „entsorgt“ worden war. Auf dem Abenteuer waren wir also zumindest einmal knapp von höchster Lebensgefahr entfernt – gehört sich wohl so. Charly setzte seine Detektivmütze und das Monokel auf, konnte den Fall aber auch nicht lösen.

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Zurück in der Stadtvilla stellte sich Markus dankenswerterweise an die Kochplatten und zauberte in seinem Bräter ein leckeres Hühnchen mit Tomatensoße an Reis. Entsetzlicherweise wäre uns um ein Haar der Hopfensaft ausgegangen, den Marki noch schnell besorgen ging – was sich später teilweise rächen sollte (oha, ein wilder „Cliffhanger“: Substantiv, maskulin, große Spannung hervorrufendes dramatisches Ereignis, das die Neugier auf die Fortsetzung wecken soll).

Marc erfreute uns mit einem fantastischen Vortrag zur Thematik, wie man sich im Schach am Besten verbessern kann, mit allerlei Input, den er aus seinem Trainerlehrgang mitgenommen hatte. Es ergaben sich einige anregende Diskussionen und ich zog für mich das Fazit, dass doch bei einigen in unserem Verein das systematische Training noch der Aufbesserung bedarf.
Nach einigen Blitzpartien schloss sich für mich das Highlight des Wochenendes an: Eine Beratungspartie aus 2 Teams mit je einer Stunde und 30 Sekunden Inkrement an Bedenkzeit. Charly und Robert wählten die Mannschaften in Schulhofmanier und so sahen sich Robert, Tom, Marki und ich einer dezenten numerisch-kalkulatorischen Übermacht aus Charly, Felix, Mattis, Markus und Marc ausgesetzt. Wie Robert allerdings trefflich prophezeite, sollte uns zu Gute kommen, dass wir zumindest ähnliche Schachstile hatten und uns teamintern nicht zu zerfleischen würden, wie unsere Kontrahenten. Im Folgenden habe ich es mir nicht nehmen lassen die Partie völlig objektiv und gänzlich unparteiische kommentiert für euch zum Nachspielen zur Verfügung zu stellen:

Logbuch SK Caissa – Tag 3

Halbwegs früh weckte ich die untere Etage mit einer Solo-Performance der Internationalen, um unsere Arbeiter zur Höchstform zu inspirieren. In ein bis zwei Stunden hatten wir uns ein höchst provisorisches Frühstück einverleibt und hoffentlich jegliche Spuren des Wochenendes für die Gastgeber beseitigt. Unsere Karossen wurden gepackt und unsere Genossen zu einem obligatorischen Abschiedsfoto genötigt.

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Es lässt sich resümieren, dass wir unsere Mission umfassend und erfolgreich abgeschlossen haben – hinter uns liegt ein Wochenende mit vielen Lachern, einer ordentlichen Portion Schach, leckeren Köstlichkeiten und jeder Menge schöner Erinnerungen. Ich bin mir sicher, dass die „Schachhütte“ in den nächsten Jahren neu aufgelegt wird und hoffe, dass ihr auch mit von der Partie sein werdet!

Liebe Grüße

Simon

Reisebericht Schachhütte *25
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