Erste gegen SF 3
Saisonauftakt und Bericht Caissa 1 - SF 3
Als letzte unserer vier Mannschaften durfte die Erste am Sonntag in die Ligasaison starten. Nach der sportlichen Expansion im letzten Jahr, als wir eine dritte Mannschaft meldeten, erweist sich schon jetzt die Meldung einer vierten MS als ambitioniert. Doch Jugendtrainer Marc organisierte uns dankenswerterweise jugendlichen Nachwuchs, der nun direkt Einsätze bekommt. Vermutlich wird es dieses Jahr in allen Ligen darum gehen, die Klasse zu halten.
Bereits am ersten Spieltag musste die Erste tief in die Ersatzspielerkiste greifen, was immerhin Shootingstars wie Andi Hohoff Einsätze ermöglicht. Dieser hatte zuletzt international für Furore gesorgt, als er in Bamberg und Wien zeitweise um den Turniersieg mitspielte. Einen herben, vorübergehenden!? Verlust stellt sicher der akademisch bedingte Ortswechsel des Freigeistes Felix Herbst dar, den wir zumindest hie und da aus Magdeburg einfliegen werden müssen. Zum Saisonauftakt ging es daheim gegen die Schachfreunde, wobei unsere Räume in der Kresslesmühle ausnahmsweise belegt waren, wir also einen Ersatzspielort brauchten. Diesen fanden wir in einem komfortablen Seminarraum einer kirchlichen Einrichtung. Das waren beste Spielbedingungen in lauschiger Umgebung.
So liefen wir schließlich auf:
Max
Robert
Charly
Yo
Jens
Mattis
Stefan
Andi
Der erste Punkt und die erste beendete Partie war das Werk von Mattis. Er holte mit Weiß das Maximum aus einem Sizilianer heraus. Unter Bauernopfer erlangte er schnell die Initiative, wobei ein Läufer auf a3 wie ein Laser dauerhaft die gegnerische Rochade unterband. Das folgende Powerplay gegen den auf dem Präsentierteller festsitzenden König lies den Gegner bereits im 20. Zug die Hand reichen.
Die restlichen 7 Partien dauerten allesamt deutlich länger, doch plötzlich ging es Schlag auf Schlag:
Stefans jugendlicher Gegner spielte einen Gegrillte-Leber-Angriff wie aus einem Guss. Zwei, drei Ungenauigkeiten Stefans reichten aus, um diese Partie gegen uns zu entscheiden. Andi unterdessen behandelte einen Königsinder mit Weiß druckvoll in seinem gewohnt positionellen Stil. Wo diese Partie schließlich kippte, wird für immer ein Rätsel bleiben. Irgendwelche Planeten standen gegen uns.
Yo spielte eine anspruchsvolle Partie mit ungewöhnlichen Stellungsbildern geprägt von beiseitigen Königsschwächen. Mir schien, Yo hätte gern etwas mehr Kontrolle über das Geschehen gehabt, um seine positionellen Fähigkeiten auf's Brett zu bringen. Der feindliche Figurenhaufen um seinen König herum konnte durchaus beunruhigen, andererseits war zumindest mir völlig unklar, wie gefährlich der Angriff tatsächlich war. Vielleicht können wir hier noch eine bildliche Illustration nachreichen. Jedenfalls hatte das Gestocher des Kontrahenten letztlich Erfolg, womit wir bereits 1:3 zurücklagen.
Max an Brett 1 war als Schwarzer wohl nicht sonderlich glücklich mit seiner Eröffnung, auch weil er in der Folge alle Hände zu tun hatte, um Linienöffnungen gegen seinen lang rochierten König zu verhindern. Als es für den unbedarften Kibitz so aussah, also hätte er das Gröbste überstanden, ging plötzlich doch die B-Linie auf, auf der getrippelte weiße Schwerfiguren keinen Hehl aus ihren finsteren Absichten machten. Gegen diese Feuerpower war dann auch kein Kraut gewachsen.
Selber wurde ich schon nach fünf Zügen mit einer Frage konfrontiert: Dem Jungspund der Schachfreunde schien die Vorläuferpartie Luhn - V. Blodig bekannt oder zumindest war das meine Befürchtung, da er den selben Aufbau wie sein Vereinskollege gewählt hatte. Ich witterte eine Eröffnungsvorbereitung, zumal meine eigene Analyse der Eröffnung nur noch nebulös erinnerlich war. Ich improvisierte also mit einem frühen Springerausfall nach g5, der in einer geringfügig anderen Eröffnung gut spielbar ist. Glücklicherweise checkte ich in der Folge nicht, dass es ein gewaltiger Unterschied ist, ob ein schwarzer Bauer auf e6 oder c6 steht. In der Partie hätte der Schachfreund nämlich mehrfach den unangenehmen Zug Sc6 gehabt, der mit einem slawischen Bauern auf c6 eben nicht möglich ist. Dieser Todesspringer erschien jedoch nie auf c6, was mein Bauernzentrum in seinen Grundfesten erschüttert hätte. Stattdessen galloppierte der andere Springer von g8 nach a1, wo ein nutzloser Turm rumstand. Weiß musste nun Gas geben, um eine Konsolidierung des schwarzen Camps zu verhindern. Besonders beschäftigte mich die Frage, ob ich den Sa1 des Gegners nicht gänzlich ignorieren sollte, da ein Springer im Eck keine Glanzfigur ist. Letztlich eliminierte ich den frechen Gaul doch. Bald zeichnete sich ab, dass weitere materielle Zugeständnisse erforderlich waren (Springeropfer auf d6), um im Geschäft zu bleiben. Die Mannschaftskollegen schienen skeptisch - wahrscheinlich weil sie die Türme zählten. Es war zwar nicht alles Gold, was glänzte, beidseitige Zeitnot kam dazu, aber die Initiative gab ich nicht her. irgendwann verlor der SF den Überblick in zahlreichen Drohungen gegen seinen König, fand schwierige Verteidigungszüge nicht und ich konnte sogar matten.
Zwischenstand: 2:4
Der zu Understatement neigende Jens gibt zu Protokoll, dass er in einer nicht allzu komfortablen Partie Glück hatte, weil der Gegner ihm mit einem inkorrekten Springeropfer ordentlich entgegenkam. Den Materialvorteil verwertete Jens schließlich großmeisterlich.
Alle Last der Welt lag nun auf Charlys Schultern. Konnte er das Mannschaftsremis noch erzaubern? Die Hoffnung starb zuletzt, aber es hätte mindestens ein kleines Wunder gebraucht, um aus einer durchweg leicht passiveren Stellung noch einen vollen Punkt zu ergaunern. Manchmal soll es eben nicht sein und so verwertete der Gegner sein besseres Endspiel schließlich sicher.
Trotz einer 3:5 Niederlage zum Auftakt hatten wir eine gute Zeit, die schließlich bei indischen Leckerbissen und bayerischen Getränken ein spätes Ende fand.
Besondere Erwähnung verdient unser Ehrenpräsi Werner, der als einziger Kibitz vor Ort die Daumen drückte und beim Inder zu den letzten Haudegen zählte.
Die beiden Partien des Tages zum Nachspielen: